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Ethernet über Telefonkabel

Die Installation von Kabeln mit 2 oder 4 Adernpaaren war in Deutschland verbreitet, um Heimtelefonanlagen oder Gegensprechanlagen zu betreiben. Der Betrieb einer Heimtelefonanlage kann allerdings inzwischen auch über das Heimnetzwerk erfolgen. Es ist nicht nötig eine getrennte Kabelinstallation für die Heimtelefonanlage und eine für das Heimnetzwerk zu unterhalten. Im Gegenteil, es stellt sich eher die Frage ob es möglich ist bei einer bestehenden Heimtelefonanlage und entsprechend existierenden Kabeln, wenigstens die Kabel auch für das Heimnetzwerk zu nutzen.

In diesem Artikel finden Sie hierzu zwei Abschnitte.

Ethernet direkt über Telefonkabel

Kann man Ethernet (LAN) direkt über ein typisches Telefonkabel übertragen ?

Um diese Frage zu beantworten werden kurz die wichtigsten Anforderungen von Fast-Ethernet (100Mbit/s LAN) und Gigabit-Ethernet (1000Mbit/s LAN), an die für die Übertragung notwendigen Kabel, beleuchtet.

Beide Ethernet Varianten fordern mindestens ein Kabel der Kategorie 5 (Klasse D: ISO/IEC 11801:1995). Solch ein Kabel muss eine Impedanz von 100ohm aufweisen. Die Dämpfung muss kleiner 12.9dB/100m bei 31,25Mhz und kleiner als 24dB/100m bei 100Mhz sein. Im Unterschied zu Fast-Ethernet benötigt Gigabit-Ethernet 4 Adernpaare zur Übertragung, Fast Ethernet benötigt 2 Adernpaare. Des Weiteren übertragt Fast-Ethernet physikalisch über ein Frequenzband von ca. 31,25Mhz, während Gigabit-Ethernet in einem Frequenzband von ca. 100Mhz überträgt. Als Resultat hat Gigabit-Ethernet auch weitergehende Anforderungen bezüglich der Übersprechdämpfung zwischen Signalen.

Was bedeutet dies nun im Vergleich zu einem in Deutschland gängigen Telefonkabeltyp?

Im privaten Bereich wurde häufig der Telefonkabeltyp Y(St)Y 2x2x0,6mm installiert. Konkrete Daten, bezüglich Wellenwiderstand und Dämpfung bei hohen Frequenzen, konnten Datenblättern für Kabel dieses Typs nicht entnommen werden. Bezüglich der Dämpfung kann auf jeden Fall angenommen werden, dass diese die geforderten Werte für Fast- und Gigabit-Ethernet deutlich übersteigen. Je höher die benötigte Frequenz desto höher die Abweichung. Ebenso wird davon ausgegangen, dass die Impedanz des Kabels in den Frequenzbereichen von bis zu 100Mhz nicht 100ohm entspricht.

Dies bedeutet, dass Verbindungslängen von bis zu 100m, mit oben genannten Telefonkabeltyp, nicht erreichbar sind. Wenn man jedoch in Betracht zieht, dass für Fast-Ethernet die Dämpfung nur bis ca. 31,25Mhz eine Rolle spielt, und die Dämpfung auch eine Funktion über die Verbindungslänge ist, dann können Verbindungen über mehrere zehn Meter mit Fast-Ethernet durchaus funktionieren. Der Grund ist, dass die kürzeren Verbindungslängen die höhere Dämpfung des Telefonkabeltyps ausgleichen.

Um soweit wie möglich das Risiko von Übersprechen zu reduzieren empfiehlt es sich, die auch bei einem Kabel vom Typ Y(St)Y 2x2x0,6mm verdrillten Adern, entsprechend paarweise für jede Senderichtung von Fast-Ethernet zu nutzen. Sprich ein verdrilltes Adernpaar für die Kontakte 1 und 2 und das andere verdrillte Adernpaar für die Kontakte 3 und 6.

Alleine von dem Fakt, das Gigabit-Ethernet vier Adernpaare für den Betrieb benötigt, kann diese Ethernet Variante nicht über ein Kabel des Typs Y(St)Y 2x2x0,6mm funktionieren. Verfügt Ihr Telefonkabel allerdings über vier oder mehr Adernpaare (mehr als 8 Adern) dann ist selbst Gigabit-Ethernet möglich. Die Kabelstrecken sollten allerdings kürzer sein, das Risiko von fehlerhaften Übertragungen steigt. Für Gigabit-Ethernet kommen noch zwei Adernpaare für die Kontakte 4 und 5, 7 und 8 hinzu, welche wieder mit jeweils zwei verdrillten Adern des Telefonkabels verbunden werden sollten.

Diese Überlegungen geben Ihnen immer noch keine Garantie das Ethernet über Ihre individuelle Haustelefonverkabelung funktioniert, da noch andere Faktoren wie die Signalreflexion, aufgrund einer nicht passenden Impedanz, eine Rolle spielen können. Doch bevor man aufwendig seine Kabelinstallation erneuert ist es einen Versuch wert. Stellen Sie z.B. der Probehalber eine Ethernet Verbindung über die längste Strecke her. Prüfen Sie bei der Verwendung von zwei Adernpaaren (vier Adern), dass die verbundenen Geräte auch wirklich Fast-Ethernet betreiben. Haben die Geräte Gigabit-Ethernet ausgehandelt, dann muss an beiden Geräten der Betrieb von Fast-Ethernet per Konfiguration erzwungen werden. Senden sie einen kontinuierlichen Testdatenstrom über die Verbindung (z.B. Pings ohne Begrenzung an ihren Internet-Router). Prüfen Sie ob Ethernet Frames verworfen wurden. Wie Sie den Betriebsmodus und die Fehlerstatistik Ihres Ethernetanschlusses prüfen können, finden Sie in den Kapiteln zu dem Prüfen von Ethernet.

Notiz: Die Prüfung des Ethernet-Modus, bei vier Adern, hat seinen Grund. Wenn nämlich Gigabit-Ethernet ausgehandelt wird kann die Verbindung nicht funktionieren. Jetzt gibt vielleicht der ein oder andere den Versuch auf. Doch über eine simple Konfiguration des Ethernet-Modus auf Fast-Ethernet könnte der Betrieb von Ethernet über Telefonkabel weiterhin gelingen.

Abschließend ist es noch wichtig zu erwähnen, dass der hier referenzierte Telefonkabeltyp einen herausfordernden Fall darstellt. Andere Kabeltypen können eine für Ethernet bessere Spezifikation aufweisen und somit auch die Brauchbarkeit für Ethernet erhöhen.

Notiz: Im Laufe der Zeit sind Rückmeldungen gekommen das Ethernet über Telefonkabel erstaunlich oft funktioniert, selbst Gigabit-Ethernet. Ein Grund dürfte sein, dass in einem Privathaushalt die Kabellängen in der Regel relativ kurz sind. Dadurch wirken sich die „schlechten“ Eigenschaften eines Telefonkabels nicht so weit aus, das die Übertragung gar nicht oder nur fehlerhaft funktioniert. Somit die Erfahrung aus der Praxis: Versuchen Sie es !

Geräte für den Heimgebrauch, welche Daten über Telefonkabel übertragen

Verschiedene Hersteller haben Lösungen entwickelt wie man bestehende Telefonkabel für die Übertragung von Daten weiterverwenden kann. Der erste Ansatz hierfür klingt einleuchtend. Warum nicht eine ähnliche DSL Technik nutzen, wie z.B. die Telekom Sie verwendet, um Internet zu Ihnen nach Hause zu bringen. Der zweite Ansatz basiert auf der Standardfamilie „G.hn“. Die Standardfamilie G.hn ist eine Serie von Standards, welche von der ITU-T geschrieben wurden, um Daten im Heim über diverse Medien zu übertragen. Eines der Übertragungsmedien ist eine Zweidrahtleitung oder umgangssprachlich ein Telefonkabel. In diesem Abschnitt wird Ihnen für jeden Ansatz ein Gerät für den Heimgebrauch vorgestellt.

Notiz: Wie in dem vorherigen Abschnitt erwähnt, kann die direkte Übertragung von Ethernet über ein Telefonkabel funktionieren. Probieren Sie es einfach aus, bevor Sie zusätzliche Geräte kaufen. Diese Geräte kosten nicht nur beim Erwerb Geld, sondern auch im Betrieb durch den verbrauchten Strom. Funktioniert die direkte Übertragung von Ethernet über ein Telefonkabel nicht zufriedenstellend, dann können dafür spezialisierte Geräte aber eine Lösung sein.

Ein Vertreter des Ansatzes per DSL Daten über ein Telefonkabel zu übertragen ist das „MC-115-VDSL2“ Gerät von Allnet. Für eine direkte Punkt-zu-Punkt Verbindung brauchen Sie zwei dieser Geräte. Eines muss als Master, das andere als Slave betrieben werden. Mit einem Paar dieser Geräte soll es möglich sein (Herstellerangaben) über bis zu einer Distanz von 1km 100MBit/s zu übertragen. Dass erreichen der avisierten Daten in der Praxis dürfte aber, neben der zu brückenden Distanz, auch von der Qualität der Leitung abhängen.

Das „4201T“ Gerät von Gigacopper basiert auf der in den G.hn Standards definierten Technologie. Nachvollziehbar brauchen Sie für eine Punkt-zu-Punkt Verbindung wieder zwei dieser Geräte. Nach Angaben von Gigacopper sind netto Datenraten von um die 1500Mbit/s über Distanzen von bis zu 120m möglich. Aber auch hier dürfte gelten, dass die Qualität der individuellen Zweidraht-Verbindung noch eine Rolle spielt und es sich wahrscheinlich eher um eine „bis zu“ Angabe handelt. Richtung PC oder Ethernet-Switch wurde, passend zu den möglichen Datenraten, ein Gigabit-Ethernet Port (1000MBit/s) verbaut.

Es ist allerdings nicht ganz einfach die Geräte im Web zu finden und zu erwerben. Sie können unter E-Bay oder per Suchmaschine z.B. nach „G.hn 2-wire“, „G.hn Ethernet Telefonkabel“ oder „2-wire Ethernet Converter“ Ausschau halten und bekommen ein paar Treffer. So finden sich dann Geräte z.B. von Renkforce oder Allnet. Aktueller und leistungsfähiger erscheint das Gerät von Gigacopper, weshalb es obig Erwähnung fand. Dieses Gerät konnte ich allerdings nur unter E-Bay und auf der Webseite des Herstellers finden. Bei Interesse somit am besten einfach den Hersteller kontaktieren.

** Erfahrungsbericht „Gigacopper-4201T“ **

Mich erreichte der Erfahrungsbericht eines Anwenders. Eine Ethernet-Strecke (LAN) wurde dabei über ein vieradriges Telefonkabel realisiert. Eingesetzt wurden dafür zwei Gigacopper-4201T Geräte.

Die Ausgangssituation war eine nicht zufriedenstellende Verbindung per Powerline. Der Einsatz von WLAN versprach ebenfalls keine substantielle Verbesserung. Die Kosten für das Verlegen eines LAN-Kabels wurden von einem Elektro-Installateur auf einen niedrigen vierstelligen Betrag geschätzt. Die Länge des Telefonkabels beträgt geschätzt 20m.

Die verfügbare netto Gesamtdatenrate von maximal 1,5Gbit/s wurde, per Konfiguration der Gigacopper 4201T Geräte, gleichmäßig auf beide Übertragungsrichtungen verteilt (Up-/Downlink).

Die Messung der tatsächlich erreichten netto Datenrate, erfolgte mit dem Tool „iPerf“. Als iPerf-Server diente ein Raspberry-Pi4, als iPerf-Client ein MacBook. Zwischen den beiden Geräten befand sich die Telefonkabel-Strecke.

Netto wurden jeweils 750Mbit/s in beide Richtungen gemessen. Die maximal möglichen 1,5Gbit/s gesamt wurden somit real erreicht.

Mein Fazit: Auch wenn die Länge des Telefonkabels relativ kurz war ist das Ergebnis gut. Wer Powerline oder WLAN einsetzt ist daran gewöhnt, dass die netto Datenrate, selbst auf kurzen Distanzen, deutlich unter der brutto Datenrate liegt. Bitte beachten Sie aber, dass der Erfahrungsbericht ein Einzelfall ist. Mit anderen Distanzen, mit potentiellen Störern bezüglich des verwendeten Frequenzbandes in der Nähe oder der Verwendung von nur zwei Adern, könnten die Resultate wieder anders aussehen.

Quelle: Korrespondenz mit einem Anwender, Januar 2021.

Letzte Änderung dieser Seite 10.03.2021