Alte Computerspiele über das Internet spielen, wie über LAN
Ältere Semester wissen noch etwas mit dem Begriff „LAN-Party“ anzufangen. Man traf sich in einer Wohnung und spielte dann stundenlang Warcraft, Silent Hunter, Doom, … . Jetzt gibt es einige Spieler, welche gerne diese Klassiker mit Gleichgesinnten über das Internet spielen möchten. Viele dieser Computerspielklassiker wissen jedoch nichts mit dem Internet anzufangen, man kann Sie eigentlich nur über ein lokales LAN spielen. „Eigentlich“, denn es gibt Lösungen, eine davon wird in diesem Artikel konkret vorgestellt, eine andere skizziert.
Der Artikel gliedert sich in folgende Abschnitte.
- Warum LAN-Spiele nicht ohne weiteres über das Internet funktionieren
- Alte Computerspiele über das Internet spielen per LogMeIn-Hamachi
- Alte Computerspiele über das Internet spielen per SoftEther-VPN
- Schlusswort
Notiz: Die zweite Lösung wird nur skizziert, da ich diese nicht persönlich getestet habe. Da sie aber eine interessante Alternative darstellt, mit eigenen Vor- und Nachteilen, ist es wichtig sie zu kennen.
Warum LAN-Spiele nicht ohne weiteres über das Internet funktionieren
Das Prinzip für das Aufsetzen eines Computerspiels im Multiplayer war früher einfach. Ein Spieler eröffnete ein neues Spiel im Multiplayer-Modus. Die anderen Spieler sahen dann das eröffnete Spiel in einer Liste und konnten sich dazu verbinden. Voraussetzung war, dass alle Spieler mit dem gleichen lokalen Netzwerk (LAN) verbunden waren.
Aus Netzwerksicht steckt dahinter, dass der eröffnende Computer im lokalen Netzwerk (LAN) die Information über das Spiel an alle anderen Computer regelmäßig sendet, sogenannte „Broadcasts“. Die anderen Computer empfangen automatisch die Information. Läuft jetzt auf einem dieser Computer das gleiche Spiel und der Anwender wechselt in den Multiplayer-Modus, dann wird eine Verbindung zu dem ersten Computer hergestellt und konkretere Informationen ausgetauscht. Schließt man sich dem Spiel an und es wird gestartet, dann wird ein permanente Verbindung zwischen den Computern hergestellt.
Im folgenden ein Bild welches dieses Prinzip illustriert.

Diese im Prinzip simple Funktionsweise funktioniert so ohne weiteres nicht mehr über das Internet. Der Grund ist schlicht, dass das senden von Daten an alle anderen über das Internet nicht funktioniert. Würden Broadcasts an alle im Internet funktionieren, dann wäre das Internet schnell überlastet. Man weiß ja nicht wer der Empfänger ist. Somit müsste ein Broadcast im Internet wirklich an alle gesendet werden (Milliarden von Geräten) und entsprechend oft würden die Daten vervielfältigt.
Notiz: Heutzutage übernehmen zentrale Server im Internet die Vermittlung von Multiplayer-Computerspielpartien. Man verbindet sich zu einem Server, schaut welche Partien andere anbieten oder eröffnet selbst eine Partie. Der Server vermittelt dann die Verbindungen. Gerade bei den großen MMOG’s (Massive-Multiplayer-Online-Games), sind es die Server, welche das Spielgeschehen im ganzen abbilden. Die einzelnen Spieler verbinden sich dann nur zu einem Server und nicht mehr direkt untereinander.
Alte Computerspiele über das Internet spielen per LogMeIn - Hamachi
Die im vorherigen Abschnitt beschriebene Problemstellung lässt sich lösen, wenn man zwei oder mehr durch das Internet separierte Netzwerke so miteinander verbindet als wären sie ein lokales Netzwerk.
Stark vereinfacht braucht es dafür nur zwei Dinge. Zu einem ein Netzwerktunnel zwischen, sagen wir mal, Netzwerk A und Netzwerk B. Dieser Netzwerktunnel blendet das Internet aus und verbindet aus Netzwerksicht A und B direkt. Zum anderen eine Software, welche alle Datenpakete weiterleitet, auch die welche eigentlich nur für das lokale Netzwerk bestimmt sind. Zum Beispiel die erwähnten Broadcasts.
Die Software Hamachi von LogMeIn realisiert dieses Prinzip. Dabei etabliert Hamachi im Grund ein VPN, allerdings mit der Besonderheit, dass eben auch Datenpakete weitergeleitet werden, die über „normale“ VPNs nicht weitergleitet werden. Die Verwendung von Hamachi ist für „lokale“ Netzwerke von bis zu 5 Computern kostenfrei.
Notiz: Wer es genau wissen will. Ein Router leitet Datenpakete auf der IP-Schicht weiter und filtert dadurch Datenpakete unterer Schichten. Bei „normalen“ VPNs werden die Datenpakete ebenfalls auf der IP-Schicht geroutet. Soweit erkennbar, werden mit Hamachi die Datenpakete auf der Ethernet-Schicht durchgeleitet. Hamachi ist somit eher vergleichbar mit einem Switch als mit einem Router von der Funktionsweise her.
Folgend die einzelnen Schritte, um die Hamachi-Software zu verwenden.
- Laden Sie die Software Hamachi aus dem Internet herunter (Quelle 1).
- Prüfen Sie zur Sicherheit über VirusTotal, dass die Software frei von potentiellen Schädlingen ist (Quelle 2).
- Installieren Sie die Software.
- Erstellen Sie ein Konto bei LogMeIn.
- Starten Sie Hamachi
- Aktivieren Sie Hamachi durch einen Klick auf das Einschaltsymbol (siehe Screenshot 1)
- Klicken Sie auf „Neues Netzwerk erstellen“ (siehe Screenshot 2). Beim ersten Erstellen eines neuen Netzwerkes, müssen Sie sich jetzt noch einmal mir Ihrem just erstellten Konto anmelden.
- Vergeben Sie einen eindeutigen Namen für das neue Netzwerk und ein Passwort.
- Andere Teilnehmer können sich dann mit einem Klick auf „Bestehendem Netzwerk beitreten“ zu dem neu erstellten Netzwerk verbinden (siehe Screenshot 2). Alle Teilnehmer brauchen die Hamachi-SW, eine Anmeldung bei LogMeIn, sowie den Namen und das Passwort für das gerade erstellte Netzwerk.
Das war es schon. Sie können jetzt z.B. Warcraft-II auf dem Computer starten, welcher das neue Netzwerk erstellt hat. Dann eine neue Multiplayer-Partie einrichten. Die anderen Teilnehmer sollten dann die Multiplayer-Partie finden können und sich dazu verbinden.

Notiz: Wie üblich liegt manchmal der Teufel im Detail. So verwendeten ganz alte Spiele für lokale Verbindungen gerne das IPX-Protokoll. Das wird heutzutage nicht mehr unterstützt. Jetzt gibt es wieder IPX-Wrapper, welche das doch ermöglichen. Der Punkt ist, dass Sie für Ihr konkretes Spiel evtl. weiter recherchieren müssen und die Software Hamachi nur einen Teil der Lösung liefert.
Vorteile der Hamachi-SW:
- Es ist relativ leicht und bequem ein „lokales“ Netzwerk über das Internet zu erstellen.
Nachteile der Hamachi-SW:
- Die Vermittlung und Erstellung des Netzwerks geschieht über einen Server von LogMeIn. Sollte LogMeIn den Betrieb einstellen, dann kann man Hamachi nicht mehr verwenden.
- Sie müssen sich registrieren und ein Konto bei LogMeIn erstellen.
- Die Funktionsweise von Hamachi ist nicht transparent. Sprich der Code ist nicht öffentlich zugänglich, die verwendeten Algorithmen und Protokolle sind nicht bekannt. Somit ergibt sich ein höheres Risiko für die Verwendung der Software im Vergleich zu Open-Source und der Verwendung von etablierten bekannten Protokollen.
Folgender Nachteil ist allgemein zu sehen, wenn Sie fremde Computer in Ihr lokales Netzwerk einbinden. Dadurch entsteht ein gewisses Sicherheitsrisiko, da die Firewall Ihres Internet-Routers umgangen wird. Falls der fremde Computer von einem Schädling befallen ist, dann kann sich dieser leichter in Ihrem lokalen Netzwerk ausbreiten.
Notiz: Ein wichtiger Hinweis. Je mehr Software Sie einsetzen, welche irgendwie in die Netzwerkfunktionen von Windows 10 eingreifen, um so eher kann es auch zu Problemen kommen. In einem solchen Fall ist es immer eine gute Idee Security-Suits, Personal-Firewalls, Download-Beschleuniger, VPN-Software und auch Hamachi zu deinstallieren und zu schauen ob die Probleme weiterhin existieren.
Quelle [1]: vpn.net
Quelle [2]: virustotal.com
Alte Computerspiele über das Internet spielen per SoftEther-VPN
Die Software SoftEther-VPN ermöglicht es ebenfalls ein „lokales“ Netzwerk (LAN) über das Internet zu etablieren (Quelle 3). Wie bei Hamachi wird hier ein Tunnel zwischen zwei Netzwerken etabliert oder mehrere Tunnel, wenn sich mehr Netzwerke zu einem verbinden wollen. Wieder werden alle Datenpakte zwischen den Netzwerken verteilt, inkl. Broadcasts.
Es gibt aber zwei große Unterschiede.
Soft-Ether-VPN ist Open-Source-Software, damit kann jeder prüfen ob die Software auch wirklich vertrauenswürdig und sicher ist. Der zweite Unterschied ist, dass SoftEther-VPN ohne einen zentralen externen Server auskommt der die Verbindungen vermittelt. Bei SoftEther-VPN wird eines der Netzwerke zu einem zentralen-Hub. Die anderen Netzwerke verbinden sich direkt zu diesem zentralen Hubnetzwerk.
Das bedeutet, es gibt keine Abhängigkeit zu einer weiteren Partei. Man kann im Prinzip SoftEther-VPN solange verwenden wie man möchte. Man muss jetzt aber die Verbindungen manuell herstellen. Das erfordert entweder die Verwendung von DynDNS oder die Kenntnis der öffentlichen IP-Adresse des eigenen Netzwerkes. Wenn Sie jetzt mit „DynDNS“ oder „öffentlicher IP-Adresse“ nichts anfangen können, dann sind Sie auf das Kernproblem gestoßen. Sie müssen sich etwas mehr mit Netzwerken und der Technologie auseinandersetzen, als es mit Hamachi nötig ist.
Über die Notwendigkeit manuell die Verbindung zwischen den Netzwerken zu etablieren hinaus, ist auch die Einrichtung des zentralen Hubnetzwerkes eine Spur komplizierter. Auf der Habenseite findet sich aber für SoftEther-VPN umfangreiche Dokumentation. Diese ist allerdings nur in englischer Sprache verfügbar.
Wer jetzt mehr über Netzwerke lernen möchte ist hier auf „DasHeimnetzwerk.de“ absolut richtig. Sie finden hier viele Artikel, um die eben genannten Begriff zu verstehen und um am Ende SoftEthern-VPN erfolgreich anwenden zu können.
Notiz: Wie erwähnt wird die Verwendung von SoftEther-VPN nur skizziert. Sie möchten genaueres wissen? Dann kontaktieren Sie mich! Bei genügend Interesse kann ich SoftEther-VPN genauer unter die Lupe nehmen.
Quelle [3]: softether.org
Schlusswort
Aus den beiden Abschnitten über Hamachi und SoftEther-VPN wird eine Problematik deutlich, welche Sie auch in anderen Bereichen wiederfinden können.
Auf der einen Seite eine Lösung die relativ bequem und einfach ist. Dafür handelt man sich Abhängigkeiten ein und Risiken ein. Man weiß nicht so genau, was mit den eigenen Daten geschieht, ob die Anwendung auch wirklich sicher ist und was ein Unternehmen in Zukunft so treibt.
Auf der anderen Seite eine Lösung, welche unabhängig ist, mit welcher Sie selbstbestimmter agieren können. Die ferner offener ist und Risiken minimiert. Dafür muss man jetzt aber mehr selbst tun, sich einarbeiten, Zeit aufwenden.
Kommt Ihnen das evtl. bekannt vor? Ein paar Beispiele, LibreOffice vs. MS-Office, Linux vs. Windows, Diaspora vs. Facebook, Nextcloud vs. OneDrive/Google Drive, und, und , und .
Unabhängig von diesen über die eigentliche Thematik hinausgehenden Gedanken hoffe ich, dass dieser Artikel Ihren alten Computerspielen ein zweites Leben einhauchen kann,
Matthias (24.03.2021)