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Wi-Fi 7 lohnt es sich?

Die nächste Generation von WLAN steht in den Startlöchern. Das wurde spätestens dann deutlich als der Hersteller AVM auf dem Mobile-World-Congress neue Router ankündigte, die Wi-Fi 7 unterstützen. Zeit also einen genaueren Blick auf Wi-Fi 7 zu werfen und was die neue WLAN-Generation im Hinblick auf Verbesserungen und Features voraussichtlich bringen wird. Dabei immer im Fokus: Was bringen Ihnen als Heimanwender die möglichen Verbesserungen, lohnt sich ein Upgrade?

Grob kann man die Neuerungen in vier Bereiche unterteilen, dazu wird am Ende noch ein Fazit gezogen:

  1. Wi-Fi 7 - Verwendung eines neuen Frequenzbandes
  2. Wi-Fi 7 - Steigende Datenraten
  3. Wi-Fi 7 - Verringerung der Übertragungszeiten
  4. Wi-Fi 7 - Effizientere Nutzung des zur Verfügung stehenden Frequenzspektrums
  5. Wi-Fi 7 - Fazit

Eines schon vorneweg, wie in der Vergangenheit müssen sowohl der WLAN-Access-Point (meist integriert in Ihrem Internet-Router) als auch Ihre Endgeräte Wi-Fi 7 unterstützen, damit Sie von den Verbesserungen profitieren können. Wer auf Leistungssprünge im WLAN hofft und nur den WLAN-Access-Point erneuert wird erst einmal enttäuscht werden.

Bild: WLAN Entwicklung bis Wi-Fi 7
Bild: WLAN Entwicklung bis Wi-Fi 7

Notiz: WiFi 7 ist der Begriff der Organisation WiFi Allianz für den WLAN-Standard IEEE 802.11be der Organisation IEEE. Letztere Organisation definiert den grundlegenden und entsprechend detaillierten Standard, erstere entnimmt davon eine Teilmenge für Produkte und addiert Testverfahren, um eine möglichst gute Kompatibilität zwischen Produkten zu gewährleisten. Der WLAN-Standard IEEE 802.11be wird von Personen, welche sich tief gehend damit beschäftigen, auch EHT genannt, welches für Extremely-High-Throughput steht.

Wi-Fi 7 - Verwendung eines neuen Frequenzbandes

Bei der Einführung von WLAN vor über 20 Jahren wurde nur ein Frequenzband auf 2,4GHz für WLAN genutzt. Ab Wi-Fi 4 kam dann das 5GHz Frequenzband hinzu. Mit der Erweiterung „E” für Wi-Fi 6 (Wi-Fi 6E) wurde ein weiteres Frequenzband auf 6GHz hinzugefügt. Wi-Fi 7 setzt diese Entwicklung fort und unterstützt direkt von Anfang an 6GHz als Frequenzband.

Bild: Frequenzbänder und Kanalbreiten der Wi-Fi Generationen
Bild: Frequenzbänder und Kanalbreiten der Wi-Fi Generationen

Ein mehr an nutzbaren Frequenzen bedeutet im Wesentlichen zweierlei.

Zum einen können sich WLANs gegenseitig besser aus dem Weg gehen. Wenn zwei WLANs auf den gleichen Frequenzen senden, stören sie sich gegenseitig und versuchen sich so gut wie möglich zu arrangieren. Das geht zu Lasten der Übertragungszeiten und erhöht umgangssprachlich den „Ping”, also die Zeit, die Daten benötigen bis diese über WLAN versendet werden.

Andererseits kann eher die Kanalbreite für WLAN-Verbindungen erhöht werden, ohne dass es zu Störungen durch ein benachbartes WLAN kommt. Eine größere Kanalbreite bedeutet eine höhere Datenrate, sprich es werden mehr Mbit/s übertragen.

Es gibt jedoch einen Wermutstropfen. Die Dämpfung eines WLAN-Signals nimmt mit der Höhe der verwendeten Frequenzen zu. Das hat zur Folge, dass die Empfangsqualität eines 6GHz-Signals mit zunehmender Entfernung schneller abnimmt, als z.B. die eines WLAN-Signals auf 2,4GHz. Die Vorteile des 6GHz-Frequenzbandes kommen daher vor allem bei kurzen Distanzen zum Tragen.

Einschätzung

Dieses Feature kann die Anschaffung eines Wi-Fi 7 Routers oder Access-Points alleine rechtfertigen. Zu einem, wenn Sie eine hohe Datenrate auf kurze Distanzen benötigen. Zum anderen, wenn bei Ihnen viele benachbarte WLANs auf 2,4 und 5GHz funken und Sie freie Frequenzen suchen, um die Übertragung zu optimieren.

Der Hintergrund ist, dass gerade in städtischen Gebieten die Durchdringung mit WLANs sehr hoch ist. Es finden sich kaum freie Frequenzen und schon gar nicht, wenn man mit breiten Kanälen von 160 oder gar 320Mhz senden möchte. Und selbst in so manchem eigenen Heim sind inzwischen mehrere WLAN-Access-Points oder ein WLAN-Mesh installiert, welches sich unter Umständen selbst Konkurrenz macht. Hier verschafft das neue WLAN-Frequenzband auf 6Ghz deutliche Erleichterung.

Notiz: Nach derzeitigem Stand (08.05.2023) sind die Anforderungen für eine Wi-Fi 7 Zerifizierung für Geräte noch nicht 100% abgeschlossen. Das bedeutet, dass es vorkommen kann das Geräte mit Wi-Fi 7 beworben werden, welche evtl. nicht das 6GHz Frequenzband unterstützen. Wenn Sie explizit Wert auf die Unterstützung des 6GHz Frequenzbandes legen, dann prüfen Sie ob das Gerät Ihrer Wahl dieses auch wirklich beherrscht.

Wi-Fi 7 - Steigende Datenraten

Wie alle früheren WLAN-Generationen, wird auch Wi-Fi 7 mit deutlich höheren Datenraten beworben. Diese höheren Datenraten werden hauptsächlich durch vier Änderungen erreicht.

  1. 4096QAM wird als Modulationsschema eingeführt. Mit 4096QAM können mehr Bits pro übertragenem Symbol gesendet werden oder einfacher ausgedrückt es können mehr Mbit/s erreicht werden.
  2. 320Mhz als Kanalbreite wird unterstützt. Eine höhere Kanalbreite ermöglicht wiederum eine schnellere Übertragung.
  3. Die Daten können mittels 16 unabhängige Datenströme übertragen werden. Im Fachjargon wird dies auch 16x16 MIMO genannt. Auch das sorgt für eine deutlich höhere Datenrate.
  4. Ein neues Feature namens “Multi-Link-Operation” (MLO) wurde eingeführt. Dahinter verbirgt sich die Fähigkeit Daten auf zwei Frequenzbänder gleichzeitig zum gleichen Ziel zu übertragen. Grob gesagt addieren sich dabei die Datenraten beider Übertragungen.

Bei den Punkten eins bis drei gibt es aber einen Nachteil. Die erforderliche Signalqualität am Empfangsgerät muss sehr gut sein. Ansonsten wird die maximale Datenrate nicht erreicht, sondern auf einen Wert reduziert, den auch ältere WLAN-Generationen erreichen. So muss für die maximale Datenrate ein Empfangspegel von ca. -34 dBm am Empfänger anliegen (Quelle 2). In der Praxis bedeutet dies, dass Empfänger und Sender nahezu direkt neben einander stehen müssen.

Außerdem sollten die verwendeten Frequenzen frei von Konkurrenz durch benachbarte WLANs sein. Je breiter der Übertragungskanal und je mehr Frequenzbänder verwendet werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das eigene WLAN ungestört arbeitet. Manchmal lassen sich in der Praxis sogar bessere Ergebnisse erzielen, wenn die Übertragung über einen schmaleren aber dafür freien Übertragungskanal läuft.

Einschätzung

Wer von Wi-Fi 7 eine höhere Datenrate für bestehende Verbindungen über mehrere Meter oder gar zwischen Räumen erwartet, wird sehr wahrscheinlich enttäuscht werden. „Sehr wahrscheinlich” deshalb, weil zu erwarten ist, dass die meisten Nutzer einfach einen neuen Wi-Fi 7 Router kaufen und hoffen, dass sich eine schnellere Übertragung von selbst einstellt. Dies ist jedoch nur bei sehr kurzen Entfernungen der Fall. Wer aber genau das braucht und erwartet, kann mit Wi-Fi 7 glücklich werden.

Höhere Datenraten sind auch im Fernbereich möglich, allerdings müssen dann Sender und Empfänger 16x16 MIMO unterstützen. Endgeräte unterstützen heute aber meist nur 2x2 MIMO, Router oft auch 4x4 MIMO. Das heißt, es müssten explizit entsprechende Geräte angeschafft und eine 16x16 MIMO-Strecke aufgebaut werden.

Notiz: Bei der Verwendung einer hohen Kanalbreite und mehrerer Frequenzbänder sollte man darauf achten, dass das WLAN kaum bis gar keine Konkurrenz auf den gleichen Frequenzen hat.

Wi-Fi 7 - Verringerung der Übertragungszeiten

Einige Anwendungen erfordern sehr niedrige und stabile Übertragungszeiten. Zeitkritische Übertragungen finden sich in der Industrie z.B. bei Maschinensteuerungen, Virtual Reality, aber auch bei Online-Spielern kann der „Ping” nicht niedrig genug sein.

Bei Wi-Fi 7 kann eine schnellere Datenübertragung bereits zu niedrigeren Übertragungszeiten führen. Doch Wi-Fi 7 hat dafür noch ein spezielles Feature in petto. So kann man das Multi-Link-Operation (MLO) Feature alternativ dafür nutzen die gleichen Daten auf zwei unterschiedlichen Frequenzbändern zum gleichen Ziel zu versenden. Sind die Daten bei einer Übertragung fehlerhaft, dann werden die Daten der anderen Übertragung verwendet. Somit müssen die Daten nicht erneut übertragen werden, die Übertragungszeiten werden dadurch stabiler. „Alternativ” deshalb, weil das Multi-Link-Operation Feature dann nicht mehr zur Erhöhung der Datenrate zur Verfügung steht.

Einschätzung

Um niedrigere Übertragungszeiten durch höhere Datenraten zu erreichen, müssen diese erst einmal realisiert werden. Dies ist bei Wi-Fi 7 nicht automatisch der Fall, siehe auch die Anmerkung im vorherigen Abschnitt.

Es ist aber möglich wenn man sein WLAN bewusst und mit etwas Fachwissen darauf auslegt.

Gleiches gilt für stabilere Übertragungszeiten. Es ist davon auszugehen, dass nicht jedes Gerät das Multi-Link-Operation Feature unterstützt und wenn doch, dass man dieses erst per Einstellung aktivieren muss. Sprich einfach einen neuen Wi-Fi 7 Router kaufen wird nicht reichen, sondern man muss sein WLAN ganz bewusst dafür einrichten. Und wenn Sie das Multi-Link-Operation Feature verwenden wollen, dann sollten Sie auch ganz explizit darauf achten, dass Ihre Geräte dieses Feature unterstützen.

Wi-Fi 7 - Effizientere Nutzung des zur Verfügung stehenden Frequenzspektrums

In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen. Die Konkurrenz durch benachbarte WLANs stellt zunehmend ein Problem dar. WLANs stören sich gegenseitig, wenn sie auf den gleichen Frequenzen senden. Die Nutzung neuer Frequenzen, wie z.B. das Frequenzband bei 6 GHz, ist ein Ansatz zur Verbesserung der Situation. Ein anderer Ansatz besteht darin, die derzeit verfügbaren Frequenzen effizienter zu nutzen.

Hier setzt Wi-Fi 7 mit dem Feature „Preamble Puncturing” an. Wenn man bisher z.B. auf einem 160 MHz breiten Kanal senden wollte, musste dieser komplett frei sein, um Störungen zu vermeiden. Mit dem Preamble Puncturing Feature können nun Teilfrequenzen für den zu nutzenden Kanal ausgeschlossen werden. Dadurch verringert sich zwar die Kanalbreite, aber die verbleibenden Frequenzen sind dann im Idealfall störungsfrei.

Ein praktisches Beispiel: Sie möchten für Ihr 5GHz WLAN einen 160MHz breiten Kanal verwenden. Dieser Frequenzbereich ist auch relativ frei, aber ein anderes aktives WLAN sendet mit einer Kanalbreite von 40MHz an einer Stelle dazwischen. Mit Preamble Puncturing können diese störenden 40MHz nun ausgeblendet werden. Übrig bleibt eine ungestörte Kanalbreite von 120MHz.

Das ist natürlich nicht optimal, aber immer noch besser als wenn man die Kanalbreite auf 80Mhz reduzieren muss, um dem benachbarten WLAN aus dem Weg zu gehen.

Einschätzung

Ob diese Neuerung einen Vorteil bringt, ist sehr situationsabhängig und schwer vorherzusagen. Natürlich könnte man vor dem Einsatz von Wi-Fi 7 die Frequenzbelegung prüfen, aber das wird kaum ein Anwender tun. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Wi-Fi 7 Geräte selbstständig die vorherrschende Situation erkennen und dann versuchen, die optimale Konfiguration zu finden.

Ein echter Nutzen ist am ehesten dort zu erwarten, wo sich bereits viele WLANs auf den gleichen Frequenzen tummeln.

Auch hier sollte man explizit prüfen, ob der Router oder Access Point der Wahl tatsächlich Preamble Puncturing unterstützt, wenn man auf dieses Feature Wert legt. Denn nach heutigem Stand ist nicht davon auszugehen, dass alle mit Wi-Fi 7 beworbenen Geräte dieses Feature unterstützen.

Wi-Fi 7 - Fazit

Wi-Fi 7 kann die Leistung eines WLANs verbessern und nützliche Funktionen hinzufügen. Wie bei der Einführung früherer WLAN-Generationen ist dies jedoch kein Automatismus. Denn es hängt von der individuellen Konstellation Ihres WLANs ab, inwieweit die Installation eines neuen Wi-Fi 7 Routers oder Access Points sofort eine spürbare Verbesserung bringt.

Wer sich einen neuen Router kaufen muss, weil der alte defekt ist oder nicht mehr sicher betrieben werden kann, kann direkt einen Wi-Fi 7-fähigen Router kaufen. Eine Leistungssteigerung ist allerdings erst dann zu erwarten, wenn im Laufe der Zeit immer mehr andere Geräte in Ihrem WLAN ebenfalls einen neueren WLAN-Standard unterstützen. Das muss nicht unbedingt Wi-Fi 7 sein, wer sein Notebook von z.B. Wi-Fi 4 auf Wi-Fi 6 oder 6E aufrüstet, kann auch schon davon profitieren, denn Wi-Fi 7 ist wie seine Vorgänger abwärtskompatibel.

Der Austausch eines funktionierenden Wi-Fi 5- oder Wi-Fi 6-kompatiblen Routers lohnt sich allerdings nicht. In diesem Fall sollte man lieber ein bis zwei Jahre warten, bis die Durchdringung mit Geräten, die die neueren WLAN-Standards unterstützen, höher ist. Die Ausnahme: Wer sich gerne mit seinem WLAN beschäftigt und aus gutem Grund mit Fachwissen ein Wi-Fi 7 WLAN einrichtet, der kann schon direkt profitieren.

Ein weiterer wissenswerter Punkt ist, dass der IEEE802.11be Standard noch nicht final verabschiedet ist (Letzte Schätzung März 2024, Quelle [3]). Somit gibt es auch keine endgültige Wi-Fi 7 Definition.

Wie kann es also sein, dass schon bald entsprechende Produkte auf den Markt kommen?

Der Grund liegt darin, dass viele Features in Ihrer Spezifikation früh stabil sind. Um das Marktfenster nicht zu verpassen, beginnen die Hersteller der WLAN-Chipsets auch schon mal mit der Entwicklung. Die Hersteller von Routern und Endgeräten, wollen natürlich auch den anfänglichen Schwung nicht verpassen und bauen diese Chipsets dann ein. Das Risiko späterer Änderungen, Fehlfunktionen, Inkompatibilitäten ist zwar gegeben aber so gering, dass es sich lohnt es einzugehen.

Für Sie bedeutet das, man kann schon sagen, wie immer, wer die neuen Funktionen, die Leistung wirklich braucht, kauft sich ein Wi-Fi 7 Gerät und geht damit ein gewisses Risiko von Problemen ein. Wer aber etwas warten kann, sollte warten, bis die Produkte „reifen” und sich dann später entsprechende Geräte kaufen.

Abschließend und weil es wichtig ist: Bei den Recherchen zu Wi-Fi 7 ergab sich wiederholt der Eindruck das man beim Erwerb eines neuen Geräts genau hinschauen sollte, welche Wi-Fi 7 Features unterstützt werden. Und hier mein persönlicher Tipp, gerade im Hinblick auf die Zukunftssicherheit sollte der neue Wi-Fi 7 Router oder Access-Point das 6GHz Frequenzband unterstützen.

auf weiterhin gute WLAN-Verbundenheit,

Matthias (11.05.2023)

Notiz: Die in diesem Artikel geschilderten Features sind die Interessantesten für Ihr Heimnetzwerk. Der IEEE 802.11be Standard bietet aber auch Verbesserungen für ambitionierte WLAN-Netzwerke. Hierbei teilen sich die WLAN-Access_Points Informationen und nutzen diese um das Senden von Daten zu koordinieren. Damit kann man z.B. die Empfangssignalstärke für ein einzelnes Gerät verbessern und damit den Datendurchsatz. Oder man optimiert weiter die Verwendung des Frequenzspektrums und reduziert damit potentielle gegenseitige Störungen. Es ist aber anzunehmen, dass die Geräte für das Heimnetzwerk solche Features nicht unterstützen werden. Wer hier Interesse hat muss semi-professionelle Geräte in Betracht ziehen.

Quellen:

[1] https://avm.de/presse/presseinformationen/2023/02/die-technischen-details-der-vier-neuvorstellungen-von-fritz/

[2] https://scdn.rohde-schwarz.com/ur/pws/dl_downloads/premiumdownloads/premium_dl_brochures_and_datasheets/premium_dl_whitepaper/IEEE-802-11be-technology-introduction_wp_en_3683-4026-52_v0100.pdf

[3] https://www.ieee802.org/11/Reports/802.11_Timelines.htm